Biosimilar-Barometer: Nicht realisierte Einsparungen von 100 Millionen Franken, auch aufgrund von Fehlanreizen bei den Vertriebsmargen
Im Jahr 2020 wurden wegen zurückhaltender Verschreibung von Biosimilars rund 100 Millionen Franken an Einsparungen verpasst. Das zeigt der erstmals veröffentlichte Biosimilar-Barometer Schweiz 2020.
Auch 12 Jahre nach Markteinführung der ersten Biosimilars in der Schweiz wird noch unzureichend auf die kostengünstige Alternative zu Biologika gesetzt, mit grossen regionalen Unterschieden. Um den Anteil von Biosimilars zu erhöhen und das Einsparpotenzial zu realisieren, sollten Fehlanreize bei den Vertriebsmargen rasch beseitigt werden.
Die Ausgaben für Medikamente wachsen in der Schweiz seit Jahren. So auch 2020: Der Anstieg in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung betrug rund 300 Millionen Franken, was einem Plus von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Rund 75 Prozent dieses Kostenanstiegs ist auf Behandlungen von Krebs- und Autoimmunerkrankungen zurückzuführen. Biotechnologisch hergestellte Medikamente, sogenannte Biologika, sind bei deren Behandlung von zentraler Bedeutung und finden eine breite Anwendung. Diese in der Herstellung komplexen und kostenintensiven Medikamente schlagen sich entsprechend auf die Kosten nieder. Gerade hier stellen kostengünstige Biosimilars seit 12 Jahren eine wichtige Möglichkeit zur Eindämmung des Kostenanstiegs dar. Würde bei patentabgelaufenen Biologika konsequent nur noch das kostengünstigere, jedoch in der Wirksamkeit gleichwertige Biosimilar abgegeben, könnten im Schweizer Gesundheitswesen gemäss Berechnung von Intergenerika jährlich rund 100 Millionen Franken eingespart werden.
Fehlanreize bei Vertriebsmargen beseitigen
Fehlanreize wie das aktuelle Margensystem behindern eine breitere Anwendung von Biosimilars und die Realisierung namhafter Einsparungen zu Gunsten der Prämienzahler. Im heutigen System verdienen Apotheker und Ärzte umso mehr, je höher der Preis des Medikaments ist. Darum haben diese Leistungserbringer einen direkten Anreiz, ein Originalpräparat anstelle eines kostengünstigeren Biosimilars oder Generikums abzugeben. Hier fordert curafutura gemeinsam mit biosimilar.ch und Intergenerika, dass das BAG zeitnah handelt. Pius Zängerle, Direktor von curafutura: «Um die Abgabe von Generika und Biosimilars zu fördern, müssen die Vertriebsmargen anreizneutral ausgestaltet werden. Jedes Jahr ohne Handeln führt zu erheblicher Verschwendung von Prämiengeldern».
Grosse regionale Unterschiede
Der erstmals von biosimilar.ch, curafutura und Intergenerika, gestützt durch das Analysenunternehmen IQVIA, veröffentlichte Biosimilar-Barometer Schweiz 2020 offenbart zudem grosse, medizinisch nicht erklärbare Unterschiede zwischen den Regionen der Schweiz. In der Westschweiz kommen bedeutend häufiger die kostengünstigeren Biosimilars zum Einsatz, als dies in der Deutschschweiz der Fall ist. Auch das Tessin setzt häufiger auf Biosimilars. So werden beispielsweise Biosimilars des Wirkstoffs Rituximab, welches unter anderem bei Krebstherapien eingesetzt wird, im Tessin bereits häufiger als das entsprechende Referenzpräparat eingesetzt. In der Zentralschweiz beträgt der Anteil des Biosimilars jedoch nur 5%. «Hier sind die Spitäler und Gesundheitsdirektionen der betroffenen Kantone gefordert» meint dazu Daniel Sarbach, Co-Leiter der Arbeitsgemeinschaft biosimilar.ch, «schliesslich liegt es in ihrer Verantwortung, für bezahlbare Prämien ihrer Bürger zu sorgen».
Biosimilars könnten bereits heute Einsparungen von total rund 100 Millionen Franken jährlich bewirken, wenn sie denn konsequent eingesetzt würden. Zukünftig wird dieses Einsparpotenzial weiter wachsen, stehen doch umsatzstarke Biologika vor dem Ablauf ihres Patents. Entsprechende Biosimilars sind in Entwicklung und warten auf deren Einsatz.